Diese Kunst ist spontan, direkt und herrlich exzentrisch: Der niederländische Fotokünstler Sander Dekker lässt seine Bildwelten vor Lebendigkeit und Esprit nur so sprühen. Dabei sind sie jedoch höchst zugänglich, denn Dekker verzichtet auf ein künstliches Mise-en-scéne, aufwändige Props oder artifizielle Beleuchtung. Seine “Models”, die er bei Instagram & Co. findet, lichtet er vielmehr meist in ihrer “natürlichen Umgebung”, sprich ihrem eigenen Zuhause ab und schafft somit authentische Foto-Dokumente von Menschen in ihrer realen Lebenswelt. Menschen, die trotz ihrer ungewöhnlichen Posen immer Haltung zeigen – und damit eine ganz eigene Ästhetik heraufbeschwören.

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Selbstbestimmte Konzeptlosigkeit

In Dekkers Bildern geht es nicht vordergründig um Schönheit; schon gar nicht um Perfektion oder Nivellierung. Was ihn auf der Suche nach menschlichen Motiven umtreibt, ist die Einzigartigkeit. Die individuelle, besondere Geschichte, die hinter jedem Menschen steht und damit sein Umfeld und in letzter Konsequenz dann das finale Bild determiniert. Dabei interessieren den Amsterdamer primär Subjekte, die sich jenseits der Norm und des Mainstream bewegen: „Ich reise um die ganze Welt, um die Leute zu treffen, die über den richtigen Schuss Exzentrik verfügen. Die Sessions bergen dann immer Überraschungen; schließlich lerne ich sowohl die Models, auch die Locations erst kurz vor dem Shooten kennen.“

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Es ist dieses Improvisierte, Spontane, was Dekkers Fotos ihre Aura gibt. Ganz zu schweigen von dem betörenden Charme, der aus der Unbefangenheit und Nonchalance seiner Darsteller rührt. Niemand muss sich hier einem künstlerischen Konzept fügen, nichts wird oktroyiert, gefordert oder groß stilisiert; im Gegenteil, Dekkers Modelle dürfen wahlweise toben, ruhen, sich verrenken, mit Objekten interagieren oder einfach nur dasitzen – solange sie ganz bei sich selbst sind. Dies gleichsam spielerisch aufzuspüren und zu erschließen, um es dann in hochenergetischen Bildern zu bannen, gehört zu den Königsdisziplinen der Fotografie. Deren Regeln und ehernen Gesetze der Niederländer gerne ad absurdum führt.

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„Ich habe kein Konzept. Das Ungeplante, Unvorhergesehene und Überraschende zeichnet meine Werke aus. Und gipfelt idealerweise in spektakulären Kompositionen, die immer die Freiheit und Expressivität jener Menschen, die ich ablichte, widerspiegeln.“ Autonomie statt Unterwerfung. Spaß statt aufgesetzter Attitüde. „Real deal“ statt künstlicher Pose: Für Dekkers Storytelling ist essenziell, dass seine Models den Ton angeben. Und gerade bei provokanten Gesten oder (partieller) Nacktheit selbstbestimmt, aufrecht und stolz erscheinen, sich selbst und das Leben dabei aber nicht allzu ernst nehmen.

 

Chronist echter Emotionen

 

Genau dieser Ansatz spricht Sander Dekkers dann auch von jeglichem Voyeurtum frei. Denn bei ihm geht es nicht um den „Peeping Tom“-Moment, nicht um verstohlene Blicke und das symbolische Eindringen ins Persönlichste sondern um Autonomie, Wahrhaftigkeit, Vertrauen und Humor. Ihm, dem ehemaligen Art Director eines Modekonzerns, sind die plakativen, makellosen und offensiv auf Verführung zielenden Motivwelten der Fashion-Industrie ein Gräuel. Stattdessen huldigt er vermeintlichen Makeln, zelebriert Edgyness und Andersartigkeit, bis diese ihren ganz eigenen ästhetischen Kanon formieren.

 

Das kann rührend anmuten, wie beim tätowierten, ultramaskulinen Anthony, der seinen winzigen Hund Otto vor einem Kitschporträt der verstorbenen Mutter herzt. Fröhlich und befreiend, wie im Bild „New Found Freedom“, wo die kriegsflüchtige Sudanesin Samia euphorisch tanzend ihr neues Leben in New York begrüßt. Oder selbstironisch-sexy, wenn Model Nadia sich in einer Neuinterpretation des berühmten Allen Jones-Tisch als „Foodporn“ geriert.

Somit wird Sander Dekker, der Verfechter des Natürlichen, zum Maestro der Emotionen. Und zeigt uns auf eindrucksvolle Weise, dass ein Bild tatsächlich mehr sagen kann als tausend Worte…

 

Sander Dekker lebt in Amsterdam und arbeitet weltweit. Seine Werke sind in zahlreichen Privat-Sammlungen und auf Kunst-Messen vertreten; mit dem renommierten holländischen FOAM-Museum kooperierte er 2012. Ende 2016 erscheint sein zweiter Bildband „My name is Sander Dekker//1.5“.

Die Laudatio am Abend der Vernissage wird Gerard Goodrow halten.

 

Ausstellung:

My name is Sander Dekker @ 30works

Vernissage: Freitag 21.10.2016, 19 Uhr

Laudatio: Gerard Goodrow.

Ausstellung: vom 21.10.2016 bis 02.11.2016

Öffnungszeiten: Di – Fr 15-19 Uhr, Sa 11-18 Uhr

30works Galerie

Antwerpener Str. 42

50672 Köln

0221/5700250

www.30works.de

 

 

Text- und Bildquelle: 30works Galerie

Fotos: Courtesy of 30works Galerie

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