Die Digitalisierung schafft neue Feindbilder und zementiert alte Machtmuster

 

Es heißt, das Netz vergisst nie. Und so scheint „Mobbing“ im Zeitalter digitaler Interaktion ein ganz neues, globales Phänomen, dem Prominente, Personen des öffentlichen Lebens und auch ganz normale Menschen Schüler, Studenten, Lehrer anheimfallen und sich unversehens in der Opferrolle medialer Unterstellungen und Verdächtigungen wiederfinden. Machtkonflikte – sei es zwischen Herrschern und Untertanen oder Mitarbeitern und Bossen – sie scheinen ein Stück weit zum Wesen des Menschen selbst zu gehören. Und damit Mobbing als Muster auch.

 

Das wohl berühmteste Beispiel aus dem Hochmittelalter ist der Investiturstreit, der Konflikt um Macht zwischen Königtum und Reformpapsttum. Die moderne Variante, das Cybermobbing, das Mobbing im Internet, ist weltweit 24/7 Stunden möglich und bedeutet für die Betroffenen Angriffe schier aus dem Off. Ungeheuer wirksam, feige, weil der Täter dem Opfer nicht in die Augen schauen muss und hocheffizient, was Beschädigung der persönlichen Integrität und Reputation anbelangt. Juristisch ist dem Problem schwer nach zukommen. Im Internet Ansprüche der Mobbingopfer gegenüber den Tätern durchsetzen ist – sofern man ihrer überhaupt habhaft wird – schwierig. Cybertäter operieren oft über Ländergrenzen hinweg und sind schwer zu fassen. Eine fremde Sprache und eine fremde Rechtsordnung lassen die juristischen Erfolgsaussichten weiter ungewiss werden. Für ein solches Vorgehen bedarf es eines langen Atems – finanziell und mental. Zudem ist aus juristischer Sicht „Mobbing“ kein anerkannter Begriff im deutschen Recht.

 

Könige, Promis und Unternehmer – Mobbing hat viele Facetten

Bettina Wulff, Ehefrau des Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff, sah sich Escort-Gerüchten ausgesetzt. Erst nach dem Rücktritt ihres Mannes konnte sie sich juristisch mit Erfolg gegen die Angriffe im Netz wehren. Jüngstes Beispiel: Manchester United Trainer José Mourinho verbannte Weltfußballstar Bastian Schweinsteiger vom Fußballplatz auf die Tribüne. Die Machtverhältnisse und brutalen Gehorsamkeitsstrukturen im globalen Profifußball wurden so entlarvt. Ein Nährboden für Mobbing. Auch neue, disruptive Geschäftsmodelle werden im Netz gerne als unseriös diskreditiert und die dazugehörige Unternehmerpersönlichkeit zum Feindbild stilisiert. Ein Beispiel dafür ist der oberbayerische Unternehmer mit türkischen Wurzeln, Cengiz Ehliz und sein globales Projekt „wee“. Der ausgewiesene „Vertriebsguru“ entwickelt seit 2010 ein innovatives, bereits in 19 Ländern weltweit verfügbares Cashbacksystem, bei dem die Community der angeschlossenen Handelspartner und deren Kunden stetig wächst. Seitdem sieht sich Cengiz Ehliz zunehmend Anfeindungen, Betrugsvorwürfen und Verdächtigungen im Netz ausgesetzt. Die Gegner verfügen über ein Stück Insider-Wissen, sie agieren verdeckt aus der sicheren Deckung des virtuellen Netzes. Mit durchdachter Strategie – unter Anleitung von Profis.

 

Im Zentrum des Gerüchte-Orkans steht ein Server in den USA, der einen Blog hostet, über den die abstrusen Geschichten eingespeist werden, die den Unternehmer lächerlich und unseriös aussehen lassen sollen. Dann viralisieren die Storys über unterschiedlichste Kanäle. Juristisch ist da in Deutschland wenig zu machen. Und da strafrechtlich in den USA auch nichts zu machen ist, sehen Suchmaschinen-Unternehmen keinen Handlungsbedarf, schließlich ist Meinungsfreiheit ein demokratisches Grundrecht. Demokratie und Freiheit verteidigen – die Helden der vordigitalen Zeit haben es uns vorgemacht. Der indische Rechtsanwalt und Publizist Mahatma Gandhi zum Beispiel steht für den Sieg der Transformation und des gelebten Wandels. Seine „Kampagne“ gegen das in Salzmonopol der britischen Kolonialherren, die als Salzmarsch von 1930 in die Geschichte einging, gilt als Paradebeispiel für zivilen Ungehorsam und führte letztendlich zur Unabhängigkeit Indiens. Neue Ideen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, andersartige Lebensweisen oder Menschen, die sich einfach anders verhalten als die Masse, künden von Veränderung. Die Geschichte zeigt, das war schon immer so. Und auch Mobbing ist kein neues Phänomen. Letztlich aber hat sich immer der Wandel durchgesetzt.

 

Quelle: Think gLocal – Susanne Hausch-Fischer

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