Die ehemalige Profi-Boxerin Regina Halmich hat sich akribisch auf den Kampf gegen Stefan Raab vorbereitet. „Ich weiß jetzt: Ich kann mich immer noch richtig quälen“, sagte sie. Fünf Monate lang habe sie vier Mal die Woche trainiert. Von Raabs Angebot, noch einmal gegen ihn anzutreten, sei sie überrascht gewesen: „Es zeigt, dass die Niederlagen noch immer an ihm nagen. Zweimal von einer Frau besiegt zu werden, kann er nicht verkraften. Er ist ehrgeizig bis zum Umfallen und ein ganz schlechter Verlierer.“ Sie rechne aber mit einem motivierten, durchtrainierten Gegner: „Seine große Stärke liegt darin, nie aufzugeben. Wenn es wehtut und Stefan hart getroffen wird, macht er weiter. Er ist nicht nur ein Kämpfer, sondern auch eine Rampensau. Das macht ihn so gefährlich.“

Halmich kündigt an, alles geben zu wollen. „Das Ding muss jetzt mal endgültig geklärt werden. Wir können nicht noch im Rentenalter gegeneinander boxen. Auch wenn wir dann keinen Mundschutz mehr bräuchten, weil wir unsere dritten Zähne rausnehmen könnten.“ Dieser Boxkampf sei definitiv ihr letzter. Zumal sich das Frauenboxen verändert habe: „Überall, wo Geld verdient wird, besteht die Gefahr, dass es nicht sauber abläuft. Deshalb kann man Doping im Frauenboxen nicht ausschließen.“ Heute arbeitet Halmich als Kommentatorin, Moderatorin und Unternehmerin. Ihr Tipp für berufstätige Frauen: „Verkauft euch nicht unter Wert! Ihr müsst wissen, was ihr könnt, ohne dabei arrogant zu wirken. Viele warten darauf, dass Anerkennung und gerechte Bezahlung von allein kommen. Tun sie aber nicht.“ Für den „Playboy“ werde sie sich aber für keine Gage der Welt wieder ausziehen. Der habe zwar angefragt, „aber die Zeit ist vorbei. Jetzt lass ich die Jungen vor. Das habe ich meiner Mutter versprochen.“

Das Interview

Frau Halmich, nach Ihrem letzten Profikampf im November 2007 hatten Sie Ihrer Mutter versprochen, nie wieder in den Ring zu steigen. Warum tun Sie sich einen erneuten Kampf gegen Stefan Raab an?

Es wird nur ein Schaukampf, und Raab ist kein Profi. Insofern bewegen wir uns in einer Grauzone. Meine Eltern sorgen sich um meine Gesundheit. Aber sie wissen, wenn ich mir etwas in den Kopf setze, können sie mich eh nicht davon abhalten.

Was sind die Risiken?

Es ist schwer, gegen einen Mann im Ring zu stehen, der viel mehr wiegt, viel größer ist und eine größere Reichweite als ich. Und der nicht boxen kann. Es können Schläge kommen, die nicht regelkonform sind, unsere Köpfe können zusammenstoßen. Das erhöht die Verletzungsgefahr.

Machen Sie es wegen der Gage?

Ich kenne meinen Wert und habe gut verhandelt, auch wenn ich keine finanziellen Sorgen habe. Aber ich kann nicht nur wegen des Geldes in den Boxring steigen, auch nicht für einen Schaukampf. Das macht man nicht einfach im Vorbeigehen. Ich wollte Teil einer grandiosen Show sein.

Von wem ging die Initiative aus?

Von Raabs Seite. Es zeigt, dass die Niederlagen noch immer an ihm nagen. Zweimal von einer Frau besiegt zu werden, kann er nicht verkraften. Er ist ehrgeizig bis zum Umfallen und ein ganz schlechter Verlierer.

Was wissen Sie über die körperliche Fitness Ihres Gegners?

Ich habe gehört, dass Stefan den Kampf sehr ernst nimmt und täglich trainiert. Wie lange er das schon macht, weiß ich nicht. Aber er hat immer einen Plan. Seine große Stärke liegt darin, nie aufzugeben. Wenn es wehtut und Stefan hart getroffen wird, macht er weiter. Das war auch so, als ich ihm bei unserem ersten Kampf die Nase gebrochen habe. Er ist nicht nur ein Kämpfer, sondern auch eine Rampensau. Das macht ihn so gefährlich.

Und seine Schwächen?

Selbst wenn er ein, zwei Jahre trainiert haben sollte, kann er nicht meine 25 Jahre Erfahrung aufholen. Aber in einem Schaukampf kann alles passieren.

Wenn Sie Pech haben, trainiert Stefan Raab schon viel länger.

Deshalb habe ich mir auch viel Bedenkzeit gelassen. Aber ich wollte mich noch mal testen. Wie bin ich jetzt drauf, mit 47? Da ist eine andere Nummer als damals, als ich Weltmeisterin war und voll im Saft stand.

Sie haben 17 Jahre nicht geboxt. Wie haben Sie sich auf den Kampf vorbereitet?

Ich habe meinen früheren Profitrainer Torsten Schmitz engagiert. Wir haben erst mal heimlich getestet, wozu ich noch in der Lage bin. Wenn Torsten Bedenken gehabt hätte, hätte ich nicht zugesagt. Für mich ist es wichtig, Menschen um mich zu haben, denen ich vertrauen kann und die nicht das schnelle Geld verdienen wollen.

Wann haben Sie begonnen zu trainieren?

Fünf Monate vor dem Kampf, viermal die Woche mit meinem Trainer, dazu Kraftübungen allein. Ich weiß jetzt: Ich kann mich immer noch richtig quälen. Aber ich brauche in meinem Alter auch mal einen Tag Regeneration.

Wie macht sich das Alter sonst beim Boxen bemerkbar?

An Schlagkraft und Härte habe ich nichts eingebüßt. Auch Aggressivität und Explosivität sind wieder da, zumindest beim Sparring. Was ich mir antrainieren musste, war das Distanzgefühl zum Gegner, das man braucht, um seinen Kopf und Körper zu treffen, obwohl er sich ständig bewegt. Ich hatte dafür drei Sparringspartner, die so groß und schwer waren wie Stefan.

Wie gehen Sie mit Schmerzen um?

Der Körper gewöhnt sich dran. Schön ist das nie, aber es blockiert mich auch nicht. Ich glaube, dass man für das Boxen gemacht sein muss. Viele Leute haben zum Beispiel eine Schlaghemmung. Die kannst du nie ganz wegtrainieren. Ich war von Geburt an eine Kämpferin.

Worauf kann sich Stefan Raab einstellen?

Dass ich keinen Spaß machen, sondern alles geben werde. Ich strebe zwar nicht an, ihn zu verletzen. Aber das Ding muss jetzt mal endgültig geklärt werden. Wir können nicht noch im Rentenalter gegeneinander boxen. Auch wenn wir dann keinen Mundschutz mehr bräuchten, weil wir unsere dritten Zähne rausnehmen könnten.

Von 56 Profikämpfen haben Sie nur einen verloren. Was haben Sie daraus gelernt?

Meine Niederlage in Las Vegas 1995 war mein Schlüsselerlebnis, weil ich das nie wieder erleben wollte. Die Presse prügelte damals auf mich ein – dabei war ich gerade mal 18 Jahre alt. Das hat eine grenzenlose Wut und Kraft in mir hervorgerufen. Ab da ging meine Karriere erst richtig los. Alles, was ich getan habe, war auch ein Kampf um Anerkennung. Am Ende hat er sich gelohnt.

Was haben Sie durchs Boxen gelernt?

Disziplin, einen fairen Umgang, den Willen zum Erfolg. Das hat mir auch nach meiner Profikarriere geholfen. Ich versuche immer, das Beste aus mir rauszuholen.

Warum lohnt es sich, die Zähne zusammenzubeißen?

Weil man im Leben nichts geschenkt bekommt. Ich musste mir alles hart erarbeiten, anfangs habe ich für Boxkämpfe sogar Startgebühren bezahlt. Aber es lohnt sich, für seine Träume zu kämpfen. Viele wissen gar nicht mehr, was das bedeutet.

Führen Sie heute das Leben, das Sie sich erträumt haben?

Ich lebe ein normales Leben mit Menschen, denen ich vertrauen kann. Ich habe mich auch bewusst gegen Kinder entschieden. Als ich um die 30 Jahre alt war, musste ich mich ständig dafür rechtfertigen. Aber in mir gab es nie diesen Wunsch. Sonst hätte ich viele andere Dinge nicht machen können. Ich bin übrigens auch nicht verheiratet. Und wenn das so bliebe, wäre ich mit mir im Reinen.

Ansonsten ist über Ihr Privatleben nur wenig bekannt. Genauso handhabt das auch Stefan Raab.

Und er zahlt einen hohen Preis dafür. Im Gegensatz zu mir lebt Stefan sehr abgeschottet. Ich glaube, dass er kaum jemandem vertraut.

Sie sind heute Unternehmerin, halten auch Vorträge für Frauen. Worüber?

Ich sage ihnen: Verkauft euch nicht unter Wert! Ihr müsst wissen, was ihr könnt, ohne dabei arrogant zu wirken. Viele warten darauf, dass Anerkennung und gerechte Bezahlung von allein kommen. Tun sie aber nicht.

Sie selbst verhandeln bei Ihren Honoraren gut, heißt es.

Vor meinen letzten Profikämpfen habe ich von Universum Boxpromotion gefordert, dass ich nicht mehr nach Geschlecht, sondern nach Einschaltquote bezahlt werde – bei durchschnittlich sechs Millionen Fernsehzuschauern machte das einen großen Unterschied. Sonst hätte ich aufgehört. Mein Boxstall hat am nächsten Tag eingelenkt. Da wusste ich, ich bin es wert.

Was haben Sie aus Ihrer Profizeit am meisten vermisst?

Das Adrenalin vor dem Kampf, weil man nicht weiß, was auf einen zukommt. Diesen Kick spüre ich auch jetzt. In mir brennt wieder Feuer. Aber das muss nach dem 14. September endgültig verglimmen. Ich verspreche, dass ich danach nie wieder einen echten Boxkampf bestreiten werde. Dafür bin ich zu alt. Diesmal werde ich mein Wort halten. Ich will meinen guten Ruf nicht durch missglückte Comebacks kaputtmachen.

Mike Tyson wird mit 58 Jahren noch einmal in den Ring steigen und Mitte November gegen den Influencer Jack Paul boxen.

Das wird zwar als echter Kampf verkauft. Aber ich gehe davon aus, dass vieles abgesprochen sein wird.

Mike Tyson war Ihr boxerisches Vorbild.

Sein Kampfstil hat mich immer fasziniert. Er war unfassbar schnell und explosiv, einer der besten Kämpfer überhaupt. Relativ klein, aber eine Urgewalt im Ring.

Später wurde er wegen Vergewaltigung zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Boxen hat immer schon zwielichtige Gestalten angezogen, auch in Deutschland. Trotzdem liebe ich diesen Zirkus, wo sich alle treffen, vom Bankdirektor über die Rotlichtgröße bis zum Studierenden.

Wie beurteilen Sie den Olympia-Sieg der algerischen Boxerin Imane Khelif?

Für mich ist der eigentliche Verlierer das Olympische Komitee, das nichts zur Aufklärung beigetragen hat. Wenn die Boxerin tatsächlich XY-Chromosomen haben sollte, muss darüber diskutiert werden. So bleibt ein komisches Gefühl.

Bei Imane Khelif wurden offenbar erhöhte Testosteronwerte nachgewiesen, was Doping nahelegt. Wie sauber ist der Frauenboxsport?

Überall, wo Geld verdient wird, besteht die Gefahr, dass es nicht sauber abläuft. Früher hätte ich gesagt, dass im Frauenboxen nicht gedopt wird, weil da noch nicht das große Geld zu holen war. Das hat sich erst im Laufe der Zeit geändert, zumindest auf internationaler Bühne. Deshalb kann man Doping nicht ausschließen.

Werden Sie sich ein drittes Mal für den „Playboy“ ausziehen?

Okay, ich verrate jetzt was: Der „Playboy“ hat tatsächlich angefragt, aber die Zeit ist vorbei. Jetzt lass ich die Jungen vor. Das habe ich meiner Mutter versprochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Stern, Fotocredit: Regina Halmich/Instagram

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