Die Publizistin Alice Schwarzer glaubt nicht, dass ihr jahrzehntelanger Kampf um eine veränderte Rolle der Frau umsonst gewesen ist angesichts von jungen Frauen, die sich zunehmend auf Facebook, Twitter oder Instagram darstellen. Sie sagt: „Das nicht. Geschichte geht nicht gradlinig voran.“ Sie stelle aber fest, „dass wieder mal der Körper der Frau zum Schlachtfeld wird. Auch die Frauen selbst beschäftigen sich ohne Ende mit ihrem Körper, ihrer Selbstdarstellung. Gleichzeitig wollen sie keine Objekte sein. Das ist widersprüchlich.“

Schwarzer hatte für den „stern“ in den 70er Jahren eine Unterschriftenliste mit Frauen zusammengetragen, die zu dem legendären Titel „Wir haben abgetrieben!“ führte. Damals habe sie sich gegen den Chefredakteur Henri Nannen durchgesetzt, der ursprünglich allein Romy Schneider auf dem Titel haben wollte. Schwarzer: „Es wurde gebrüllt bis nachts um vier. Sie mussten einlenken.“ Sie sei dafür dann von manchem „von Herzen gehasst worden.“

Schwarzer gibt im neuen, am Donnerstag erscheinenden „stern“ einen persönlichen Rückblick auf 70 Jahre Bundesrepublik. In dem Gespräch verriet die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma“ auch, dass der PDS-Politiker Lothar Bisky ihr im Dezember 1990 sämtliche DDR-Zeitungen und Zeitschriften plus Pressehaus am Alex für eine D-Mark angeboten habe. „Ich habe ein paar Tage lang ernsthaft darüber nachgedacht – und dann Nein danke gesagt. Es war mir zu viel und zu heikel.“

Die 70er Jahre bezeichnet Schwarzer im „stern“ als „das beste Jahrzehnt der Bundesrepublik“. „Da war wirklich was los. Aufbruch. Euphorie. Hoffnung“, sagte Schwarzer. Imponiert habe ihr auch die Ohrfeige, die Beate Klarsfeld im November 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger wegen dessen Nazi-Vergangenheit verpasst hatte. „Es war ja eine Tat, die heute undenkbar wäre. Damals waren uns die Gesetze und Regeln völlig egal. Wenn man etwas für richtig fand, dann hat man nicht gefragt: Darf man das? Oder wer fördert das denn? Man hat es einfach gemacht.“

Schwarzer, 76, äußerte im „stern“-Gespräch die Hoffnung, genauso gelassen altern zu können wie die frühere französische Schauspielerein Brigitte Bardot. Die Zahl 76 stehe auf dem Papier. „Aber innerlich ist man natürlich nicht alt, sondern mal 18, mal 55 – und manchmal bin ich sogar schon 60.“

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Stern, Bildrechte: Michael Lucan/https://commons.wikimedia.org/wiki/User:Pixeldost

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