„Vaterfreuden“ – Zum Jubiläumsjahr

Inhalt:

Wilsbergs Freund Ekki braucht dringend Hilfe. Seine Ex-Freundin Silke Sestendrup stellt ihm seine Tochter Hanna vor – er soll rückwirkend für die letzten sechs Jahre Unterhalt zahlen.

Und als wäre das noch nicht genug, wird Ekki bei der anstehenden Beförderung übergangen. Ausgerechnet Alex Holtkamp, Wilsbergs Patentochter, vertritt Silke Sestendrup im Unterhaltsstreit gegen Ekki.

Immerhin willigt Wilsberg ein, Ekki zu helfen, und seine Kollegin Lavinia genauer unter die Lupe zu nehmen, die anstelle von Ekki befördert wurde. Wilsberg ist eben ein echter Freund – und rät Ekki bezüglich Silke und Tochter Hanna zur Vorsicht. Doch Ekki flüchtet sich nach seiner beruflichen Pleite nur zu gern in die Vaterschaft für Hanna. Wilsberg sei doch nur neidisch, weil er keine Kinder habe.

Als auch noch Ekkis Ex-Freundinnen Tina Espenkotte und Kerstin Buckebrede auftauchen, entspinnt sich ein Geflecht aus Lügen und Intrigen. Ist Ekki wirklich der Vater von Hanna? Und was hat das Verschwinden von Ekkis Anwalt Rainer Rohr zu bedeuten?

 

Hätten Sie sich solch eine Langlebigkeit der Reihe damals beim Start vorstellen können?

Nein, danach sah es gar nicht aus. Ursprünglich handelte sich bei dem Format ja um einen „Fernsehfilm der Woche“ – eine Erfindung des damaligen ZDF-Fernsehspielchefs Hans Janke mit Ausstrahlungen montags abends. Doch nach ein paar Folgen wurde „Wilsberg“ auf den prominentesten aller Sendeplätze, auf den Samstag um 20.15 Uhr, befördert. Diesen Erfolg und diese tolle Entwicklung konnte niemand voraussehen.

Wie erklären Sie sich das? „Wilsberg“ hat inzwischen Kultstatus.

Wilsberg ist ein Normalo mit all den Macken, die jeder hat oder kennt. Und schafft es trotzdem, seine Fälle und Probleme zu lösen. Außerdem können sich die Zuschauer mit unserem familiären Gespann identifizieren: Anna, Ekki, Alex, eigentlich auch Overbeck, und ich.

Sind die Hauptdarsteller auch nach Drehschluss fast wie eine Familie?

Alle freuen sich, wenn wir uns für den nächsten Dreh wiedersehen. Es ist dann so wie nach Hause kommen. Ich erinnere mich an keine größeren Streitereien untereinander. Wir geben uns alle Mühe, dass die Kollegen, die nur gelegentlich oder für eine Episode dabei sind, eine sehr angenehme familiäre Atmosphäre vorfinden.

Wie hat diese Dauerrolle Ihr Leben verändert?

Die wenigsten Schauspieler haben ein langfristig gesichertes Einkommen. Für mich war „Wilsberg“ ein Lottogewinn. Früher habe ich die eine oder andere Rolle gespielt, um Geld zu verdienen. Das muss ich dank dem „Wilsberg’schen Grundgehalt“ nicht mehr. Aber auch in gesundheitlicher Hinsicht war die Rolle sehr positiv: Weil Georg Nichtraucher ist, habe ich mich durchs Drehen an den Nikotinmangel gewöhnt und das Rauchen tatsächlich auch im wirklichen Leben ganz aufgegeben. Und wie meine Figur, die anfangs doch recht wortkarg war, kriege ich auch privat inzwischen mehr den Mund auf und wirke auf meine Mitmenschen so sicher freundlicher.

Fühlen sich nach den langjährigen Dreharbeiten der Stadt Münster in besonderer Weise verbunden?

Fast die Hälfte des Jahres verbringe ich durch die Dreharbeiten in NRW – abseits meines eigentlichen Hauptwohnsitzes Berlin. Für mich ist Westfalen eh Heimat, da ich in Hamm geboren wurde. Ich bin ja selbst ein typischer Westfale: ruhig und eine coole Socke. Das macht mich in dieser Rolle vermutlich auch so glaubwürdig. Genauso wie die „Rosenheim-Cops“ hauptsächlich mit Bayern besetzt werden, passe ich nach Münster. Eine wunderschöne Stadt! Erst recht, nachdem ich meine heutige Frau dort kennengelernt habe. Und wir haben gerade unser verflixtes siebtes Ehejahr ohne Blessuren und glücklich hinter uns gelassen.

Wird Wilsberg denn auch mal den Bund der Ehe eingehen?

Georg wird niemals heiraten. Nicht einmal Anna Springer wird es schaffen, mit Wilsberg jemals aufs Standesamt zu gehen – privat. Und das ist auch gut so.

Hätten Sie Interesse, wie Georg ein eigenes Antiquariat führen?

Eher nicht. Ich lese zwar sehr gerne, brauche aber keine klassisch gebundenen Bücher, verschlinge Romane auch gerne auf meinem Tablet.

Wie halten Sie sich körperlich fit?

Ich gehe mit unseren Hunden täglich Gassi. Wir haben ja inzwischen zwei. Da ist einmal mein treuer, lieber Labrador Arthur. Meine Frau wollte einen eigenen. Da haben wir Holly, eine kleine quirlige Hündin, aus dem Tierheim geholt. Die beiden Vierbeiner haben wir auch zu den Dreharbeiten für die Jubiläumsfolge „Wellenbrecher“ auf Norderney mitgenommen. Drei Wochen fast wie Familienurlaub.

Warum eigentlich Norderney?

Was viele nicht wissen: Die Insel kann man als den nördlichsten Stadtteil von Münster bezeichnen. Es ist wirklich so: So wie der Hamburger nach Sylt fährt, reist der Münsteraner nach Norderney. Das hat unser Team auch beim Drehen gemerkt: Wir wurden auf der Insel auffällig oft von Touristen aus dem Münsterland angesprochen.

Was macht Sie bei dem Jubiläum besonders stolz?

Neben der großen Beliebtheit beim Publikum freut mich, dass wir für so manchen heutigen Fernsehstar eine Art Geburtshelfer waren. Viele von ihnen hatten ihren ersten großen TV-Auftritt bei uns: Rebecca Immanuel, Max Herbrechter (ab Februar der neue Kommissar in der ZDF-Serie „Der Staatsanwalt“), Pierre Besson (seit einigen Jahren bei der „SOKO Köln“), Astrid M. Fünderich (heute selbst Stuttgarter „SOKO“-Chefin) und ihr Serienkollege Karl Kranzkowski… Caroline Peters (von den Eifelkrimis) spielte schon 2005 bei uns mit, auch Marie Zielcke schon lange vor ihrem Durchbruch. Aber bei den beiden spürte ich damals: Von denen wird man noch viel hören und sehen. Ich war immer glücklich mit unseren Besetzungen, auch wenn Episodendarsteller immer nur ein paar wenige Drehtage gebraucht werden, weil es in jedem Fall mehrere Verdächtige samt Angehörigen gibt.

Freuen Sie sich schon auf das nächste „Wilsberg“-Jubiläum?

Natürlich. Als wir die 50. Folge feiern konnten, dachte ich, 75 ist die nächste großartige Zahl. Heute rückt die 75 schon bedrohlich nahe, so dass ich mich eigentlich auf die 100. Folge freue. Wenn es mir nach mir geht, spiele ich Georg Wilsberg noch viele Jahre.

Das Interview führte Christian Schäfer-Koch.

25 Jahre Wilsberg – 15 Jahre Ekki.

Ich hätte vor 15 Jahren niemals gedacht, dass „Wilsberg“ so lange läuft, zumal es vor meinem Einstieg ja schon zehn Jahre lief. Ich habe die Rolle nicht bereut. Das Team ist für mich längst zu einer zweiten Familie – und die Drehorte Köln und Münster sind für mich Berliner zu zweiter oder dritter Heimat geworden. Und mit den Regisseuren wie Martin Enlen oder Dominic Müller arbeiten wir ja auch vertraut und oft, kennt und schätzt die gegenseitige Arbeitsweise. Solche Bedingungen sind für jeden Schauspieler und Künstler ein großes Geschenk.

Auch Ihre Rolle?

Bei Filmen wie „Bang Boom Bang“ war ich eher ein Halodri. Aber meine Rolle bei „Wilsberg“ ist eine viel höhere schauspielerische Aufgabe, und es macht mir auch viel Spaß, einen Finanzbeamten zu spielen, der abseits seines Schreibtischs so manches Abenteuer mit seinem Kumpel Georg erlebt.

Hat „Ekki“ Ihren Blick auf Finanzämter und -beamte im Laufe der Jahre verändert?

Nein. Ich hatte früher wenig Ahnung von deren Leben – und habe es jetzt, ehrlich gesagt, auch nicht wirklich. Ich spiele den Ekki aus dem Bauch und nach Gefühl. Wenn es Szenen vorzubereiten gibt, in denen es um Steuerparagraphen geht, dann informiere ich mich etwas intensiver, ansonsten gehe ich mit einem Allgemeinwissen, das jeder von uns von diesen Behörden und Mitarbeitern im alljährlichen Kontakt hat, in diese Rolle hinein: wie bürokratisch und fast spießig das dort sein kann. Oder welche strengen autoritären Strukturen dort herrschen. Da sind die Auseinandersetzungen zwischen Ekki und Grabowski sicher nicht weit hergeholt. Da bleibt einfach bei allen Gesprächen am Ende der Untergebene der Untergebene. Und der Vorgesetzte bleibt eben der Vorgesetzte – und das hängt er auch bei jeder passenden Gelegenheit heraus.

Wie ist denn Ihr Verhältnis mit Vittorio Alfieriabseits der Kamera?

Wir haben viel Spaß miteinander, reden über Familie und Kind. Leider ist er ja nicht in jeder Folge dabei. Ich finde, dass sich seine Figur toll entwickelt hat. Privat ist er ein sehr liebenswerter Kerl.

Wie haben Sie Ekkis Entwicklung beeinflusst?

Gar nicht. Wir bekommen die Drehbücher, dann bespreche ichmeine Texte unmittelbar vor dem Dreh mit dem Regisseur. Und allen ist klar: Keiner kennt meine Figur besser als ich selber. Das Vertrauen, das ich in die Autoren habe, müssen diese auch in uns Darsteller investieren bei der Umsetzung. Ich finde gut, dass Ekki nicht mehr der Alte ist – früher saß er da ja geschniegelt und gebügelt mit Hemd und Krawatte. Meine Figur ist mir da schon äußerlich näher gekommen, was es für mich einfach macht. Auch Finanzbeamte sind nicht perfekt, machen Fehler. Aufgrund des Formates sind die Autoren natürlich eingeschränkt bei der Entwicklung von Ekkis Charakter. Er kann doch nicht plötzlich heiraten und ein klassisches Familienleben führen. Dann würde sein Zusammenspiel mit Georg nicht mehr so gut funktionieren.

Welche Folgen gefallen Ihnen am besten?

Besonders die früheren, die mehr wie ein Kammerspiel inszeniert waren, die ruhigeren. Heute ermitteln Georg, Anna und ich alle in verschiedene Richtungen, auch Ekki inzwischen auf eigene Faust vor Ort wie ein Kriminalbeamter. Früher sind wir mehr zusammen losgelaufen. So erfuhr der Zuschauer im Zusammenspiel der Figuren mehr über uns und unser Verhältnis. Aber ich verstehe, auch „Wilsberg“ geht mit der Zeit: schnellere Schnitte, mehr Rollen, mal eine Aufnahme mit Drohnenflug, etwas mehr Action. „Wilsberg“ ist kein „Tatort“, sondern eigentlich eine Märchenwelt: Im Grunde genommen hat die Kommissarin in 25 Jahren nicht einen einzigen Fall gelöst, sondern Wilsberg mit seinem Gespann. Das ist unser wirkliches Erfolgsrezept. Und mit unserer Liebe zu den Figuren, die die Zuschauer spüren, gelingt uns dieses Märchen immer besonders gut und auf besondere Art – ein bisschen mit Köpfchen und Humor. Und wir haben einen Riesenspaß dabei.

Welche Folgen in jüngerer Zeit gefallen Ihnen?

„Die Nadel im Müllhaufen“ und die erste Folge im Kloster „Im Namen der Rosi“ fand ich sehr amüsant. Und aktuell freue ich mich auf die Folge, in der all die Mädchen was von mir wollen und eine mir ein Kuckuckskind ins Nest legt. Die Zusammenarbeit mit Isabell Pollack fand ich klasse. Ich muss allerdings zugeben: Ich habe nur rund die Hälfte aller Folgen gesehen.

Wieso so wenige?

Nicht aus Desinteresse, ich kenne ja eh die Folgen von den Drehbüchern und vom Set. Ich schaue samstags meistens kein Fernsehen, sondern lieber mittwochs auf ZDFneo drei Folgen hintereinander, dann bin ich wieder im Stoff drin.

 

Die Rollen und ihre Darsteller:

Georg Wilsberg Leonard Lansink
Ekki Talkötter Oliver Korittke
Alexandra Holtkamp Ina Paule Klink
Kommissarin Springer Rita Russek
Overbeck Roland Jankowsky
Grabowski Vittorio Alfieri
Merle Janina Fautz
Kriminalrat Schaaf Rainer Laupichler
Silke Sestendrup Nadja Becker
Hanna Sestendrup Charlotte Schliewe
Kerstin Buckebrede Isabell Polak
Tina Espenkotte Isabell Gerschke
Rainer Rohr Michael Rotschopf
Lavinia Westerwinter Wanda Perdelwitz
und andere

 

 

 

 

 

Text – und Bildquelle:  ZDF, Fotocredit: Thomas Kost.

 

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