Erst kürzlich hat er seine Autobiografie im Selbstverlag veröffentlicht: Sigmar Solbach war seit 1973 in mehr als 90 TV-Produktionen zu sehen, etwa als „Dr. Stefan Frank“ oder in „Das Erbe der Guldenburgs“. Der Schauspieler spricht im Interview über seinen Weg zur Schauspielerei, Dinge, die er vom Meer lernte – und warum ihn seine Agentin zur erfolgreichsten Rolle seines Lebens überreden musste.
Herr Solbach, Sie haben Ihre Biografie selbst veröffentlicht. Fand sich kein Verlag?
Sigmar Solbach: Schon, aber die Verlage antworteten mir in etwa: „Alles schön und gut, aber Sie schreiben zu seriös. Da müssen Sensationen rein, Klatsch und Tratsch.“ Dabei bin ich doch kein Marktschreier. Ich wollte die Geschichten aus meinem Leben so aufschreiben, wie ich sie einem guten Freund erzählen würde.
Das Buch heißt „Mein Leben – ein Traum?“. Warum das Fragezeichen?
Solbach: Weil auch ein Promi-Status nicht nur Sonnenseiten hat. Viele, vor allem junge Leute glauben: Es ist unbedingt erstrebenswert, prominent zu sein, als Schauspieler oder als Influencer. Der Preis ist mitunter hoch. Aber der Buchtitel hat auch eine philosophische Komponente: Viele große Denker wie Platon oder Descartes stellten die Frage, ob unser Leben vielleicht der Traum ist und Träume das eigentliche Leben sind. Aber ich nehme es mal vorweg: Mein Leben ist tatsächlich ein Traum.
Was hat Sie bewogen, Ihre Biografie zu schreiben?
Solbach: Ich wollte mich mit mir selbst konfrontieren. Das hat mich schon lange umgetrieben. Also fing ich einfach mal an, aufzuschreiben, was mir in den Sinn kam. Und die Erinnerungen sind nur so aus mir herausgepurzelt.
Sich mit sich selbst zu konfrontieren klingt nicht gerade lustig.
Solbach: Das ist es auch absolut nicht immer. Es bedarf eines gewissen Mutes und einer Härte sich selbst gegenüber. Aber durch mein Schreiben habe ich erkannt, dass auch scheinbar negative Erlebnisse positiv gewirkt hatten. Wer bereit ist, Probleme zu akzeptieren, kann daraus auch die Kraft schöpfen, um etwas zu verändern.
Wann stand für Sie der Berufswunsch Schauspieler fest?
Solbach: Schon mit zehn, elf Jahren. Diesen Berufswunsch spürte ich stark, hatte aber eigentlich keine Ahnung von der Sache. In unserer Kleinstadt kam ab und zu ein Tourneetheater vorbei, Fernsehen hatten wir nicht. Meine Mutter war Tänzerin am Gärtnerplatztheater in München, die hat mir ein bisschen was erzählt, das war’s. Ich bin fest überzeugt, dass es so etwas wie einen inneren Kompass gibt. Er zeigt einem, wo es langgeht. Aber oft nehmen wir das nicht wahr, weil es um uns herum zu laut ist.
Hatte Ihr Vater auch eine künstlerische Ader?
Solbach: Er war Entstaubungstechniker und entsetzt, als er erfuhr, was ich werden wollte. Er wünschte sich, dass ich Atomphysik studiere. Es wurde dann aber doch Schauspiel.
Zwischen Schule und Studium waren Sie Handelsvertreter für Kosmetik.
Solbach: Das war eine heiße Zeit! Ich bin mit der Verkaufstruppe quer durch Deutschland von Tür zu Tür gezogen, um diesen Schrott an die Frau zu bringen. Heute schäme ich mich fast dafür. Aber es war eine gute Schule, so konnte ich viele Leute studieren.
Von Ihrem größten Erfolg, „Dr. Stefan Frank – Der Arzt, dem die Frauen vertrauen“, liefen 104 Folgen. Haben Sie mit so etwas gerechnet?
Solbach: Nein, damit kann man nicht rechnen, höchstens darauf hoffen.
Dachten Sie bei dem Angebot sofort: „Klasse, mache ich“?
Solbach: Das Hauptproblem war dieser Untertitel, mit dem wollte ich überhaupt nicht leben und arbeiten. Aber meine Agentin las mir die Leviten. Ja, sie hatte recht. Und dann war ich sehr froh, denn gerade der Untertitel trug wesentlich dazu bei, dass eine Kultserie entstand.
Wem verdanken Sie den wichtigsten Ratschlag Ihres Leben?
Solbach: Dem Meer. Ganz wichtig ist, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt. Auf dem Atlantik, mit nichts als Wasser um sich herum, erkennt man, wie klein und unbedeutend wir sind. Wenn man das verinnerlicht, gewinnt man sehr viel.
Ihr größtes Hobby ist das Segeln.
Solbach: Ja! Meine jüngste Atlantiküberquerung ist zwei Jahre her. Meine Frau und ich haben ein kleines Segelboot in der Ägäis, auf dem wir viel Zeit verbringen. Das ist nicht extrem, aber wunderschön und herausfordernd.
Sie sind auch Erster Vorsitzender der Gesellschaft zur Rettung der Delfine (GRD). Wenn ich auf einer Thunfisch-Dose das „SAFE“-Zeichen sehe, stecken also Sie dahinter?
Solbach: Ja, mit der GRD setze ich mich gegen Treibnetz-Fischerei ein, bei der Delfine und Wale oder Schildkröten qualvoll verenden. Die GRD vergibt in Deutschland das Siegel für delfinsichere Fischerei. Den Posten habe ich vor acht Jahren übernommen, nachdem Gründer Rollo Gebhardt gestorben war. Er war dreifacher Weltumsegler auf kleinsten Schiffen und hatte die GRD gegründet, nachdem er mit seinem Boot in einem Treibnetz stecken geblieben war. Hauptsächlich geht es uns darum, die Verschmutzung der Meere einzudämmen. Den Leuten ist gar nicht bewusst, wie abhängig wir von den Meeren sind.
Nächstes Jahr werden Sie 80. Macht das etwas mit Ihnen?
Solbach: Natürlich, ich mache mir Gedanken. So gesehen wird das Zentimetermaß vor mir immer kürzer. Aber das akzeptiere ich als natürlichen Vorgang. Ein sehr guter Freund sagte kurz vor seinem Tod: „Angst habe ich nicht, nur Reisefieber.“ Das finde ich eine wunderbare Einstellung. Wir wissen nicht, wohin es geht. Aber wir können ein Gefühl der Neugierde haben: Was wird sein, wenn ich tot bin?
Sie sind seit Anfang der 1990er-Jahre dem Buddhismus verbunden. Was fasziniert Sie daran?
Solbach: Ich habe mich schon vorher intensiv mit allen Weltreligionen beschäftigt. Trotz der schlechten Erfahrung als Jugendlicher mit der katholischen Kirche hatte ich den Glauben an eine höhere Macht nie verloren. Der Buddhismus gefiel mir, weil er die Verantwortung beim Einzelnen lässt und dessen Verstand fordert und fördert, statt ihn zu entmündigen.
Gibt es bestimmte Ziele oder Rollen, die Sie in Ihrem Leben noch erreichen wollen?
Solbach: Ich halte mich an die buddhistische Weisheit: nichts wollen, nichts erzwingen, nicht festklammern. Man muss wach und bereit sein, die Dinge zu ergreifen, wenn sie auf einen zukommen.