Der Schauspieler Thomas Heinze („Der Alte“) misst seinem 60. Geburtstag nicht allzu viel Bedeutung bei. „Um ehrlich zu sein, war es für mich bisher ein Geburtstag wie alle anderen auch, nur für die Menschen um mich herum ist es anscheinend ein großes Ding“, sagte er. „Unter uns: Ich feiere lieber den Geburtstag von anderen Menschen als meinen.“ Er wolle den runden Geburtstag dennoch in größerer Runde nachholen, weil es ein guter Anlass sei, wieder mit alten Freunden zusammenzukommen. „Ich denke, es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen. Man erlebt es ja immer öfter, dass man denkt, Mensch, den- oder diejenige habe ich ewig nicht gesehen und irgendwann ist es auf einmal nicht mehr möglich.“

Seit einem Jahr ist Heinze in der Krimiserie „Der Alte“ zu sehen – und musste dafür auch einiges an Spott aus seinem Freundeskreis einstecken. „Meine Freunde machen ständig Witze, dass ich nun „der Alte“ bin.“ Dabei gehe es beim Serientitel nicht allein um das Lebensalter. „Wenn sich da jemand allzu sehr lustig machen will, weise ich darauf hin, dass es hier ja auch um die Position des alten Fuchses geht, des Chefs, des reifen, erfahrenen Vorgesetzten.“

Herr Heinze, wie ist die Gefühlslage vor dem runden Geburtstag?

Um ehrlich zu sein, war es für mich bisher ein Geburtstag wie alle anderen auch, nur für die Menschen um mich herum ist es anscheinend ein großes Ding. Das hat zur Folge, dass ich nun auch nicht mehr daran vorbeikomme. Alle fragen, was ich an dem Tag denn Besonderes mache, dabei bin ich schon glücklich, wenn meine Kinder, Jackie und mein Bruder da sind.

Erinnern Sie sich an einen besonderen Ehrentag in der Vergangenheit?
Sowohl zum 40. als auch zum 50. wurde ich überrascht und habe mich darüber sehr gefreut. Unter uns: Ich feiere lieber den Geburtstag von anderen Menschen als meinen. Ich werde ihn aber trotzdem nochmal in größerer Runde nachholen, weil es ein sehr schöner Anlass ist, mal wieder mit allen Freunden zusammenzukommen. Wann nimmt man sich sonst die Zeit? Bei Hochzeiten vielleicht noch. Aber aus dem Alter, in dem man Freunde hat, die heiraten, bin ich auch schon langsam raus. Ich denke, es ist wichtig, sich die Zeit zu nehmen. Man erlebt es ja immer öfter, dass man denkt, Mensch, den- oder diejenige habe ich ewig nicht gesehen und irgendwann ist es auf einmal nicht mehr möglich. Ich habe gerade René Pollesch, einen meiner ältesten Freunde, verloren. Wir haben uns in den letzten Jahren viel zu selten gesehen. Und jetzt geht das leider nicht mehr.

Sie sind seit einem Jahr als „Der Alte“ zu sehen. Wie fällt die Zwischenbilanz aus?
Naja, es hat sich wohl mittlerweile herumgesprochen: There is a new Sheriff in town. Ab 5. April wird die zweite Staffel ausgestrahlt. Ich hoffe, sie wird so gut vom Publikum angenommen wie die erste. Ich habe wirklich großen Spaß an der Rolle Caspar Bergmann, also „Der Alte“. Wir haben mittlerweile mit den Dreharbeiten zur dritten Staffel begonnen.

Schluckt man schon mal, wenn man plötzlich für eine Rolle als „Der Alte“ in Frage kommt?
Wenn ich da schlucken würde, käme ich aus dem Schlucken gar nicht mehr heraus. (lacht) Meine Freunde machen ständig Witze, dass ich nun „der Alte“ bin. Let’s face it: Mit 60 ist man eines ganz sicher nicht mehr, nämlich jung. Es gibt ja diese euphemistische Formulierung, man sei 60 Jahre „jung“. Das klingt für mich ein bisschen komisch, das passt einfach nicht zusammen. Das ist ja eigentlich ein Oxymoron, weil es sich gegenseitig ausschließt – 60 und jung.

Zudem geht es beim Serientitel nicht allein ums Lebensalter.
Eben, wenn sich da jemand allzu sehr lustig machen will, weise ich darauf hin, dass es hier ja auch um die Position des alten Fuchses geht, des Chefs, des reifen, erfahrenen Vorgesetzten.

Ihren Durchbruch schafften sie Anfang der 90er-Jahre mit „Allein unter Frauen„. Wie fühlte er sich an, der frische Ruhm?
Der Erfolg des Films kam ja völlig überraschend. Das war eine SWR-Produktion fürs Fernsehen, überhaupt nicht als Kinofilm konzipiert. Wir dachten, wir hätten eine nette, kleine Komödie gedreht. Dann kam die ins Kino und es entstand buchstäblich so eine Art Lawineneffekt. Mit jedem Wochenende kamen mehr Zuschauer dazu, alles lief über Mund-zu-Mund-Propaganda. Das zu erleben, war toll, absolut großartig.

Wie kamen Sie mit der plötzlichen Popularität klar?
Man wurde plötzlich viel häufiger angesprochen. Im Gegensatz zu anderen Kollegen habe ich das mein Leben lang sehr genossen. Ganz ehrlich: Ich bin nicht Schauspieler geworden, um unbekannt zu bleiben. Das war nicht Sinn der Sache. Die Menschen, die auf mich zukommen, meinen es ja gut, die sagen sehr nette Dinge. Das ist bis heute so. Ich freue mich wahnsinnig, wenn die Leute mir sagen, dass sie gerne sehen, was ich so spiele. Dafür mache ich es eben.

Wann hatten Sie zum ersten Mal den Gedanken, Schauspieler werden zu wollen?
Mein Vater wurde mal gefragt, wie es denn für ihn sei, dass der Sohn Schauspieler geworden ist. Da antwortete er ganz trocken: Wieso denn geworden? Das war er doch schon immer. (lacht) Für mich geschah das alles ganz natürlich. Vom Klassenclown ging es direkt über zum Schultheater. Zusammen mit René Pollesch und Mathias Herrmann habe ich die Theater-AG an unserem Burg-Gymnasium gegründet. René hat mit mir die Monologe erarbeitet, dann sind wir zur Aufnahmeprüfung nach Berlin und nach München gefahren. Beide Schulen haben mich genommen. Ich entschied mich für München, weil ich von Anfang an lieber zum Film wollte als auf die Bühne. Es gab also nie eine Art Entscheidungsprozess, sondern „gehe direkt auf Los“.

Was waren Ihre Lieblingsserien, welche Kinofilme hinterließen bei Ihnen Eindruck? 
Wow, wenn ich die nenne, sind mindestens die Hälfte der Leser raus. (lacht) „Bonanza“, „Flipper“, „Skippy“, „Daktari“, „Tarzan“, das habe ich alles geliebt. Ich bin ja unter Amerikanern großgeworden. Der Fernseher lief pausenlos. Wenn er mal nicht lief, dann nur, weil wir gerade im Kino waren. Die Filme, die mich entscheidend prägten, waren meist von den Schauspielern bestimmt. Je klarer es war, dass ich das professionell machen will, umso intensiver wurde meine Auseinandersetzung mit der Schauspielerei, allen voran mit Größen wie Marlon Brando, Montgomery Cliff, James Dean, Al Pacino, Robert de Niro, Robert Duvall, Dustin Hoffman, John Cassavetes. Eine riesige Welt voll toller Schauspieler, großartig und inspirierend, bis heute.

Der deutsche Film war jetz bei den Oscars ein großes Thema, Sandra Hüller als „beste Schauspielerin“ nominiert. Ist Hollywood immer noch das Traumziel?
Unbedingt. Ich wüsste nicht, was ich höher bewerten würde als einen Oscar. Hollywood ist immer noch der Olymp, aber ich bin eben auch amerikanisch geprägt.

Wie ist heute der Bezug zu den Orten Ihrer Kindheit und Jugend?
Den gibt es immer noch. Mein Bruder Dirk lebt in der Nähe von Friedberg. Mein Vater wurde ja oft umstationiert, aber da habe ich die längste und wohl prägendste Zeit meiner Kindheit verbracht. Elvis Presley war dort auch stationiert. In Bad Nauheim lag unsere Schule, da ging auch Priscilla Presley hin, die Carpenters, also alles nicht zu meiner Zeit, aber immerhin. Das war der Kosmos, in dem wir uns bewegten. Da kommen so einige Kolleginnen und Kollegen her, Heike Makatsch, Caroline Link, René Pollesch, Andreas Maier. Das ist ein kreatives Fleckchen.

Während der Schulzeit jobbten Sie passenderweise im Kino.
Ich war Ticketabreißer, besser ging es nicht. Da habe ich unzählige Filme gesehen. Ich erinnere mich, wie „Fame“ mich total umgehauen hat. Wenn es für die Schauspielerei noch irgendein Argument gebraucht hätte – das war der Film, der für den entscheidenden Funken gesorgt hat.

Welche Rollen wünschen Sie sich für die nächsten Jahre – gibt es einen Traumpart?
Ich denke, dass noch ganz viele Charaktere vor mir liegen, für die ich eventuell sogar noch zu jung bin. Ich würde unheimlich gern einmal Don Quijote spielen, eine wirklich fantastische Figur. Hamlet wäre toll gewesen, wenn ich ihn an der Bühne gespielt hätte. Ich hoffe jedenfalls, dass noch viele reizvolle Herausforderungen auf mich warten.

Ihr persönlicher Wunsch für die kommende Dekade?
Ich wünsche mir natürlich, dass ich gesund bleibe, aber vor allem wünsche ich mir, dass die Menschen, die ich liebe, gesund bleiben. Sollte denen etwas zustoßen, dann hätte ich in den nächsten zehn Jahren sicher keinen Spaß mehr.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle: Stern, Fotocredit: Thomas heinze/Instagram

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