Nichtakademische Beschäftigte von der Pflegekraft über den Handwerker bis hin zu Mitarbeitenden in der Gastronomie oder der Industrie machen derzeit drei Viertel der Beschäftigten in Deutschland aus. Längst ist auch in diesem oft als „gewerblichen Arbeitsmarkt“ bezeichneten Sektor ein Mangel an Mitarbeitenden erkennbar, der vielen Arbeitgeber Sorgen bereitet. Diese könnten sich schon in naher Zukunft verschärfen. Denn 35% der Beschäftigten im sogenannten Blue-Collar-Umfeld treibt aktuell ein ausgeprägter Wechselwunsch um. Besonders ausgeprägt ist diese Wechselstimmung bei jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren, von denen sich gar 48% derzeit einen Jobwechsel vorstellen können. Zu dieser grundsätzlichen Offenheit für neue Arbeitgeber kommt ein auffällig hohes Selbstbewusstsein bei Beschäftigten ohne akademischen Abschluss. Denn insgesamt sind 63% von ihnen überzeugt sehr schnell einen neuen Arbeitgeber zu finden. Angst vor einem Jobverlust haben dagegen gerade einmal 16%. Bei jungen Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sind sogar 73% von guten Wechselchancen überzeugt. Das sind Ergebnisse des aktuellen Blue- und Grey-Collar-Reports für den die Jobplattform www.joblift.de mehr als 1.500 Beschäftigte befragte, von denen drei Viertel ohne akademische Ausbildung waren.
„Suchende Arbeitgeber erfahren fast täglich im Rahmen ihrer Mitarbeitersuche: Der Mangel an Arbeitskräften ist eines der drängendsten Probleme für ihre wirtschaftliche Entwicklung. Und dabei sind Nichtakademiker:Innen vielfach schwerer zu finden als akademische Führungskräfte. Unsere Studie zeigt: Die Beschäftigten haben das längst registriert und sind sich ihres Marktwertes bewusst. Das so entstandene Selbstbewusstsein führt zu einem ausgeprägten Wechselwunsch auf dem Blue- und Grey-Collar-Arbeitsmarkt“, so Lukas Erlebach, CEO von Joblift zu den Ergebnissen der Studie.
Aktuelle Arbeitgeber sind ein gutes Stück von der Bestnote entfernt
Bei der Benotung ihres aktuellen Arbeitgebers ermitteln die Joblift-Arbeitsmarktforschenden zunächst eine auf den ersten Blick positive Bewertung. Denn nach dem Schulnotenprinzip vergeben Nichtakademiker:innen genau wie Akademiker:innen ihrem Unternehmen eine „3+“. Schaut man sich die Zahlen allerdings genauer an, erklärt sich die aktuelle Wechselstimmung. Denn um in jedem Fall beim Unternehmen zu verbleiben, müsste es, so die Einschätzung der Befragten, eine glatte „2“ sein. Davon sind viele Arbeitgeber aber weit entfernt. Bei den 18-29jährigen etwa vergeben 9% eine „5“ oder „6“ und mehr als jede:r Fünfte (21%) eine „4“. Eine glatte „1“ schreibt dagegen nur jede:r Zehnte seinem aktuellen Arbeitgeber ins Zeugnis.
Niedriges Gehalt und fehlende Wertschätzung lösen Wechselstimmung aus
Die Hauptgründe für einen Wechsel im nichtakademischen Umfeld liegen zunächst vor allem am Gehalt, das 55% der Befragten als Top-Motivation nennen, um einen neuen Job anzustreben. Gleich danach folgt allerdings schon zu wenig Wertschätzung (39%) von Führungskräften sowie mangelhafte Aufstiegschancen (33%). Pflegekräfte beklagen zudem überdurchschnittlich oft eine schlechte Arbeitsatmosphäre (39%) und eine unfaire Behandlung (35%).
Besonders hoch im Kurs für einen Wechsel stehen bei NichtakademikerInnen mittelständische Unternehmen, während es Beschäftigte mit akademischem Background vor allem zu großen Unternehmen und Konzernen zieht. 29% der Blue-Collar-Arbeitskräften zieht es zu Mittelständlern mit 50-500 Mitarbeitenden, weitere 23% zu solchen mit 1-50 Mitarbeitenden. Konzerne finden dagegen nur 14% attraktiv. Gar nicht im Fokus stehen Startups, die gerade einmal von 2% der Teilnehmenden als Wechseloption genannt werden.
Über die Studie
Für den „Blue- und Grey-Collar-Report 2022“ befragte das Marktforschungsunternehmen respondi deutschlandweit im Auftrag von Joblift 1.500 Beschäftigte, wovon 75% aus dem Blue-Collar-Umfeld kamen. Der Befragungszeitraum lag im April 2022. 50% der Teilnehmenden waren männlich, 49% weiblich und 1% gab an divers zu sein. 79% von ihnen arbeiteten zum Zeitpunkt der Online-Befragung in Vollzeit, 21% in Teilzeit. Das Durchschnittsalter der Befragten lag zum Zeitpunkt der Befragung bei 43,3 Jahren.
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