Was war das denn bitte? War die Kritik einiger ehemaliger Teilnehmer*innen im Vorfeld doch berechtigt? ESC-Siegerin Nicole und siebtplatzierter Guildo Horn übten kurz vor dem Finale bereits scharfe Kritik an dem Musikwettbewerb. Nicole (60) gewann 1982 den Wettbewerb mit ihrem Song „Ein bisschen Frieden.“ Doch als das diesjährige ESC-Finale näher rückte, musste sie bekennen: Das Spektakel widere sie nur noch an. In einem Interview mit dem Musikportal „schlagerpuls.com“ übte Nicole heftige Kritik. „Es ist nur noch laut und schrill“, so Nicole. Auch Guildo Horn (62), der 1998 mit „Guildo hat euch lieb!“den siebten Platz errang, bedauerte im Vorfeld des Finales: „Das ist nicht mehr mein Wettbewerb.“ Auch er kritisiert die „überladenen Kulissen“ und vermisst die „Seele“ des alten ESC. Am gestrigen Abend präsentierte sich dann ein ESC so, wie man ihn noch nie gesehen hat. Nichts war mehr übrig vom Charme des einstigen Musik Contests. Natürlich ändern sich die Zeit und die Geschmäcker. Wahrscheinlich würde Nicole mit ihrem Song “Ein bisschen Frieden“ heute nicht mal mehr unter den ersten 10 landen, obwohl er hervorragend zum momentanen Weltgeschehen passen würde.
Viel BallaBalla und Lalalala, keine melodischen Beiträge, die ins Ohr gehen und auch bleiben. Kaum Bühnenpräsenz, die man noch mal sehen will! Ist der ESC am Ende? Es war immer eine Unterhaltungssendung, die polarisierte. Die einen liebten sie – die anderen verdammten sie. Wie auch immer – Geschmäcker sind verschieden. Jedoch fehlte hier wirklich jegliche Bühnenpräsenz, die ansprechend war. Songs, die berührten, gab es kaum – mit vielleicht dem Siegertitel mit JJ. Natürlich wurde alles wieder von politischen Statements überschattet. Dass der ESC alles andere als unpolitisch ist, ist bekannt, auch wenn das von Veranstaltern vehement abgestritten wird.
Gestern versuchte sich das Pop-Duo Abor & Tynna unter der Regie von Stefan Raab für Deutschland zu etablieren. Raab, bekannt für seine großen Ankündigungen und seinen Hang zur Selbstdarstellung, sagte schon im Vorfeld, dass er die Spitzenposition anvisiert. Nur ein Sieg für Deutschland kommt für ihn in Frage. Damit wollte er an seine früheren Erfolge wie mit Lena anknüpfen. Raab galt einst als Garant für einen ESC Erfolg, doch das ist vorbei. Stattdessen holte sich Österreich den Sieg, und Deutschland musste sich mit Platz 15 zufriedengeben.
Das war so nicht geplant. Bereits im Vorentscheid gab es Kritik von den Zuschauer*innen. Stefan Raab sortierte vorher gründlich aus und das, was übrig blieb, stand zur Wahl. Dabei gab es potenzielle Musiker*innen, die sich vielleicht besser etabliert hätten. Moss Kena wäre ein solcher Kandidat gewesen. Mit seiner Ballade „Nothing Can Stop Love“ berührte er das Publikum. Unverständlich, dass er nicht mehr zur Wahl stand. Auch Feuerschwanz wären gute Vertreter für Deutschland gewesen. Hardrock? Ja und das saugut. Aber nicht gut genug für Stefan Raab, der den ganzen Vorentscheid gleich mal zur Chefsache erklärte.
Nun wurde aber nichts aus den vollmundigen Versprechen des ehemaligen ESC Königs. Dennoch ist Platz 15 für Abor & Tynna kein schlechtes Ergebnis. In der vergangenen Dekade hat Deutschland etliche Komplettpleiten eingefahren – so schlimm wurde es aber dieses Mal nicht. Raab erklärte die Platzierung auch mit der starken Konkurrenz. „Du kannst Glück haben, dass Du mit nem guten Song in den Wettbewerb einsteigst in dem Jahr, wo die Konkurrenz vielleicht eher übersichtlich ist, sagte er. „Dieses Jahr gab es viele starke Songs mit dabei.“ Tatsächlich? Für Raab stand mit dem Abschneiden beim ESC einiges auf dem Spiel. Erst im vergangenen September hatte er seine jahrelange Bildschirmpause mit viel Tamtam und deutlich formulierten Ambitionen beendet. Teil des „Raabinator“-Comebacks war auch, wieder bei der Auswahl des deutschen ESC-Acts mitzumischen. Das war für ihn die Voraussetzung.
Allerdings ist seine wieder aufgenommene Karriere ordentlich ins Stocken geraten. Sein Haussender RTL, der ihn für teuer Geld wieder aus der Versenkung holte, verkündete kürzlich, dass man mit den Quoten von Raabs wöchentlicher Show („Du gewinnst hier nicht die Million bei Stefan Raab“) nicht mehr zufrieden sei und sie beenden werde. Im Herbst ist ein neues Format geplant. Bisher hat sich Stefan Raab nur mit seinen alten Gags und Show-Sequenzen präsentiert. Da wurden alte Show-Elemente ausgegraben und man fühlte sich versetzt in die 2000er Zeit. Das kam nicht wirklich gut an.
Dann gab es auch eine Klatsche von der ARD. Ob Raab noch einmal den ESC-Chef spielen darf, ist jetzt mehr als fraglich. Die ARD, die für den Wettbewerb zuständig ist, hat die Zusammenarbeit mit dem erhofften Erfolg verkoppelt. Als ARD-Programmdirektorin Christine Strobl von der „Hörzu“ im Januar gefragt wurde, ob das Konzept mit Raab wieder auf Eis gelegt werde, sollte nicht der erhoffte Sieg herausspringen, antwortete sie: „Absolut.“ Der Anspruch sei „ganz klar“, zu gewinnen. Das ist nicht eingetreten. Damit schließt sich auch diese Tür für Stefan Raab. Vielleicht hätte er sich sein „fulminantes Comeback“ doch besser erspart. Da hätte ein neues Showkonzept gepasst, was die Zuschauer*innen von den Stühlen gerissen hätte. Leider ist das nicht passiert. Wie es mit Raab im Herbst weitergeht, steht in den Sternen. Auch nicht verschont von Spott und Häme blieb Moderatorin Barbara Schöneberger. Man mokierte sich über ihr Kleid. Man regte sich über ihre gekünzelte Moderation und ihre aufgesetzte Lustigkeit auf. Es ist nicht einfach, es allen Recht zu machen. Aber manchmal wäre es gar nicht so verkehrt, auch mal den Zuschauer*innen zuzuhören. Dennoch, einen Lichtblick gab es – Michelle Hunziker bezauberte mit ihrem Charm und ihrem umwerfenden Aussehen. Sie glänzte im wahrsten Sinn des Wortes mit ihrem bezaubernden, schulterfreies Glitzerkleid in einem blassen Goldton und mit ihrer groártigen Moderation.
Quelle: ESC/ARD/RTL, Fotocredit: ESC Basel/EBU
Das kann ich nur unterschreiben. Gut geschrieben und trifft alles genau auf den Punkt. Von mir aus kann man den ESC abschaffen. Ist doch sowieso alles Quatsch und von den Teilnehmnern hört man ja auch nichts mehr. Was Stefan Raab betrifft, der kann ruhig wieder in der Versenkung verschwinden.