Die Niederlande brachten Kunstwerke hervor, die zu den unbekanntesten und auch rätselhaftesten gehören. Gleichzeitig sind sie in Feinarbeit kaum zu übertreffen. Miniaturaltäre, Statuen und Schädel, virtuos aus Buchsbaum geschnitzt – sie alle stammen aus dem 16. Jahrhundert. Diese Privatschätze sind oft nicht größer als eine Handfläche – wohl einer der Gründe, warum nur um die 125 Exemplare bewahrt blieben. 60 dieser kleiner Wunder bringt das Amsterdamer Rijksmuseum noch bis zum 17. September in der Ausstellung “Small Wonders” ganz groß raus.

 

Milimeterarbeit

 

Eine derart große Zahl Mikroschnitzereien aus dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit bestaunen zu können – das gab es noch nie zuvor. Neben Miniaturaltären und Memento-Mori-Anhängern ist auch ein prachtvoller Rosenkranz von König Hendrik VIII. von England zu sehen. Jedes Glied des Kranzes ist ein Kunstwerk für sich. Auf dem nur 47 Zentimeter langen Schmuckstück sind unzählige biblische Szenen abgebildet. Weiterer Höhepunkt der Ausstellung ist eine Gebetsnuss, ein aufklappbarer Anhänger für einen Rosenkranz oder eine Schmuckkette mit der Darstellung der Kreuzigung und Christus vor Pilatus aus dem Metropolitan Museum of Art. In ihrem Detailreichtum zeigt die Gebetsnuss das ganze Können des Künstlers Adam Dircksz.

 

Neue Erkenntnisse

 

Die Menschen sind seit Jahrhunderten fasziniert von Miniaturen. Wie kam man darauf, in einem derart kleinen Maßstab einen solchen Reichtum an Details darzustellen? Welche Künstler schafften diese Meisterleistung und in wessen Auftrag? In den letzten Jahren befasste sich ein Team aus Kunsthistorikern und Restauratoren des Rijksmuseums, der Art Gallery of Ontario und des Metropolitan Museum of Art intensiv mit diesen Fragen. Schlussendlich folgerten die Experten, dass viele der Miniaturen so konsistent gearbeitet sind, dass sie aus einem einzigen Atelier stammen müssen. Die Signatur von Adam Dircksz, mit vollem Namen Adam Therdrici, auf einer der Gebetsnüsse legt den Schluss nahe, dass er dieses Atelier geleitet hat. Der Liste der Auftraggeber, unter denen sich auch Könige befanden, entnahmen die Forscher die überraschende Erkenntnis, dass sich das Atelier wahrscheinlich im nördlich gelegenen Delft befand.

 

Man hatte bisher weithin angenommen, dass die Miniaturschnitzerei, wie viele Künstler des ausgehenden Mittelalters, ihren Schwerpunkt im heutigen Belgien habe. Die Wissenschaftler räumen ebenfalls mit der Vorstellung auf, die Miniaturdevotionalien dienten strikt zur religiösen Erbauung: Der verspielte Charakter, das Rätselhafte und die versteckten Details machten die Miniaturen zu einem beliebten Vergnügen unter den Wohlhabenden und Adeligen.

 

„Small Wonders“ entstand in Zusammenarbeit mit der Art Gallery of Ontario, The Metropolitan Museum of Art sowie aus Leihgaben des Louvre und der Residenz München. Die Ausstellung ist bis zum 17. September im Philipsflügel des Rijksmuseums zu sehen.

 

Rijksmuseum, Museumstraat 1, Amsterdam

Täglich geöffnet von 9 bis 17 Uhr

Eintritt: bis einschließlich 18 Jahre gratis, ab 18 Jahren 17,50 Euro

 

Weitere Infos unter: www.rijksmuseum.nl; www.holland.com/kunst

 

Text- und Bildquelle: Niederländisches Büro für Tourismus & Convention (NBTC)

Bildrechte/Fotograf: Niederländisches Büro für Tourismus & Convention (NBTC) / Rijksmuseum Amsterdam

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