Das 2014 geborgene und besonders bedeutsame Toraschreinfundament aus dem Mittelalter wurde an seinen späteren Platz in der Ausstellung im Jüdischen Museum gebracht und montiert und kehrt damit an seinen ursprünglichen Standort zurück. Im Innern der Synagoge dient der Toraschrein zur Aufbewahrung der Tora, den Sakraltext, der die fünf Bücher Moses beinhaltet. Im jüdischen Synagogenbau des Hochmittelalters hatte sich der Toraschrein als feste Einrichtung an der Ostwand der Synagoge etabliert. Genauso war die Ausführung in der ehemaligen Kölner Synagoge, die im mittelalterlichen jüdischen Viertel am Ort des heutigen Rathausplatzes stand. Die Rückkehr an den ursprünglichen Standort bildet einerseits den Abschluss von monatelangen Planungs- und Ausführungsarbeiten, anderseits aber markiert sie zugleich den Beginn der Instandsetzungsarbeiten der historischen Mauern des mittelalterlichen jüdischen Viertels unter dem Kölner Rathausplatz. Damit stellt dieses Ereignis einen Meilenstein bei der Verwirklichung des einmaligen Projektes „MiQua“ dar.

Die in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts gebaute Synagoge ist nachweislich durch die Zerstörungen in der Pogromnacht zum 24. August 1349 sehr stark beschädigt gewesen. Erst im Jahr 1372 konnte eine jüdische Gemeinde nach Köln zurückkehren und an der gleichen Stelle vor dem Bürgerhaus die Synagoge wiederherstellen. Nach Ausweisung der Juden aus dem linksrheinischen Stadtgebiet im Jahr 1424 verlor das Gebäude endgültig seine Funktion als zentrales Gebetshaus der jüdischen Gemeinde zu Köln. 1426 ist die verwaiste Synagoge daraufhin zum christlichen Gotteshaus „St. Maria in Jerusalem“ umgebaut worden und diente den Kölner Ratsherren fortan als Ratskapelle. Zu den damaligen Neuerungen gehörte die allseitige Erweiterung des einstigen Toraschreinfundamentes, um damit einen stabilen Unterbau für den Lochner Altar (heute im Dom stehend) herzustellen.

Nachdem die Bebauung auf dem Rathausplatz während des sogenannten Tausend-Bomben-Angriff im Zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gelegt wurde, verschwanden der alte Grundriss und die Ruine unter den planierten Kriegstrümmern. In Rahmen des Wiederaufbaus und der Neugestaltung des Rathausplatzes in den fünfziger Jahren führten archäologische Ausgrabungen des Jahres 1956 zum wieder Freilegen der alten Grundmauern der Synagoge. Die noch gut erhaltenen Fundamentreste konnten damals akribisch in Schrift, Zeichnungen und Fotos dokumentiert werden. Schließlich wurde die Grabung verfüllt und das Gelände für die neue Nutzung einplaniert. Der Grundriss der Synagoge wurde aber bei der Platzgestaltung 1989 im Pflaster-Belag kenntlich gemacht.

50 Jahre nach der ersten Ausgrabung wurde das Projekt „Archäologische Zone/Jüdisches Museum“ initiiert und im folgenden Jahr 2007 damit begonnen, die Synagoge erneut ans Tageslicht zu bringen. Es dauerte schließlich bis 2014, bevor die Grabungsmannschaft den umgestürzten Fundamentblock des Toraschreines finden und bergen konnte. Nach der Festigung des Steingefüges durch die Stein-Restauratorin der Archäologischen Zone Johanna Achten, ließ der Leiter des „Bautrupps“ Walter Münter das Bauteil durch ein Schutzgehäuse ummanteln und mit verdichtetem Sand fixieren. Zunächst musste der gesamte Block, der mehr als drei Tonnen wiegt, um 180 Grad mit schwerem Gerät gedreht werden, so dass der mit Eisen armierte Formsockel mit Führungsbolzen passgenau auf der durch Folie getrennten Unterseite gegossen werden konnte. Bauseits wurde ein schmaler Standfuß aus Beton angefertigt, der als Unterbau den Formsockel trägt und das Toraschreinfundament auf die benötigte Höhe bringt.

Baufortschritt „MiQua“ / Jüdisches Museum 

Die ersten Rauten der tragenden Stahlkonstruktion stehen und sind montiert, die beiden Türme für die Aufzuganlagen sind schon weithin sichtbar. Besonders spannend ist es derzeit unter den Deckenfeldern. In enger Abstimmung mit der Bodendenkmalpflege konnte erfolgreich ein erster Durchgang zwischen zwei mittelalterlichen Kellerräumen mit komplizierter Sägeschnitttechnik für den späteren Parcoursverlauf des Museums-Rundgangs hergestellt werden. Die erfolgreiche Abnahme dieses Durchbruchs fand Ende November 2020 statt. Das 2014 geborgene und besonders wertvolle Toraschreinfundament aus dem Mittelalter wurde kürzlich an seinen späteren Platz in der Ausstellung verbracht und montiert. Fertiggestellt wird Mitte des Jahres 2021 im Spanischen Bau das Museumspädagogische Zentrum (MPZ) des späteren „MiQua“ (Museum im Quartier). Im Praetorium werden derzeit die Stützen für die neuen Parcoursstege hergestellt sowie die neuen Metallgeländer produziert. Voraussichtlich im Februar 2021 soll symbolisch der Durchbruch zwischen Praetorium und späterem „MiQua“ in einer Corona-gerechten Form gewürdigt und mit der Kölner Bevölkerung geteilt werden, um „1700 Jahre Jüdischem Leben in Köln“ ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Zum „MiQua“

Vor dem Historischen Rathaus entsteht das „MiQua. LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln“ gleichsam als Hülle über einigen der bedeutendsten Funde der Kölner Stadtgeschichte, die Teil der Ausstellung werden. Nach einem Entwurf des Büros Wandel Lorch Architekten aus Saarbrücken entsteht der oberirdische Bau als hallenartiger Schutzbau über dem Grabungsfeld der städtischen Archäologen, um dieses so weit wie möglich zu schonen. Das Rauten-Tragwerk aus Stahl ist eine besondere Konstruktion, die es ermöglicht, dass das Gebäude auf wenigen Stützen an den Gebäudeaußenkanten sowie einem vertikalen Erschließungskern lagern kann. Die Statik sichern 393 Bohrpfähle, die zuvor in das Erdreich getrieben wurden und die als Stützen für das Museum, die Deckenplatte der Ausstellung und das betonierte Haupttragwerk, den so genannten Ringbalken, dienen. Nach seiner Eröffnung wird das MiQua mit dem Praetorium und dem mittelalterlichen jüdischen Viertel sowie dem Goldschmiedeviertel in einem 600 Meter langen Parcours mehr als 2.000 Jahre Kölner Geschichte barrierefrei erlebbar machen. Bauherrin des rund 95 Millionen Euro teuren Museums ist die Stadt Köln, betreiben wird es der Landschaftsverband Rheinland (LVR).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Text – und Bildquelle: Stadt Köln, Fotocredit: Christian Knieps

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