Schlagerstar Semino Rossi, geboren 1962 in Rosario (Argentinien), wusste schon mit fünf Jahren, was er später als Beruf machen wollte: Sänger sein. Doch erst mit 41 Jahren gelang Rossi der Durchbruch, nachdem er 20 Jahre auf der Straße musiziert hatte. Gerade ist sein neues Album „Magische Momente“ erschienen. Im Interview spricht er über die Krise in seiner Ehe, warum sich Beharrlichkeit auszahlt und was er aus seiner Depression gelernt hat.

Semino Rossi: Stur, ich?

Sie waren 20 Jahre Straßenmusiker, immer mit der Hoffnung, eines Tages entdeckt zu werden. Haben Sie nie ans Aufgeben gedacht?

Rossi: Ich zweifelte nie daran, dass der liebe Gott mir diese Stimme geschenkt hat, damit ich als Sänger Karriere mache. Daran hätte ich bis zur letzten Minute festgehalten.

Seit Ihrem Durchbruch mit 41 Jahren geht es stetig bergauf …

Rossi: Dafür habe ich auch viel gearbeitet, Erfolg kommt nicht von allein. Viele Leute sehen das Ziel, aber nicht den Weg. Und der war hart.

Außerdem haben Sie eine besondere Beziehung zu Wasser.

Rossi: Ich bin eine Wasserratte. Wasser reinigt die Seele. Wenn ich müde bin, dusche ich. Ich dusche vor der Show, nach der Show. Wasser gibt mir extrem viel Energie.

Deshalb waren Sie wohl auch Rettungsschwimmer?

Rossi: Und Schwimmlehrer! Aber dann musste ich zum Militär, mitten im Falklandkrieg. Ich hatte 16 Monate Dienst in einem Munitionsdepot auf dem Festland. Das war eine Scheißzeit.

Fürchteten Sie an die Front zu müssen?

Rossi: Ja. Wir Wehrpflichtigen wären darauf nicht vorbereitet gewesen, wir hatten nur zweimal an der Waffe geübt.

Nach dem Militärdienst sind Sie nach Spanien gereist. Weil Sie für Ihren Musikertraum keine Perspektive in Ihrer Heimat Argentinien sahen?

Rossi: Ich bin im März 1985 in Madrid gelandet. Dann habe ich sechs Monate Straßenmusik in Andalusien gemacht. Ein Italiener sprach mich an: Er habe Arbeit für mich und meine Kollegen in Ostia bei Rom. Wir fuhren zu viert mit dem Auto von Málaga nach Ostia. Alle 300 bis 500 Kilometer legten wir einen Stopp ein, um Geld zu verdienen. In Ostia angekommen, rief ich den Mann an: Wir sind hier, wo ist die Arbeit? Er sagte: „Doch nicht dieses Jahr, im nächsten!“

Das war vermutlich ein Schock.

Rossi: Furchtbar. Wir sind nach Rom, dann in die Schweiz; wir taten uns mit Leuten aus Paraguay zusammen. Einer von ihnen nahm uns mit nach Österreich, und dort lernte ich Gabi kennen …

… Ihre spätere Frau. Sie gab Ihnen in Innsbruck 20 Schilling, das wären heute 1,40 Euro.

Rossi: Die beste Investition ihres Lebens! Ich spielte in Restaurants ein paar Lieder und ging mit dem Spendenteller herum. Gabi war mit einer Freundin da.

Bei der Spende blieb es offenbar nicht?

Rossi: Sie glaubte nicht, dass ich aus Argentinien komme, und wollte meinen Pass sehen. Ich fürchtete, sie wäre Polizistin. Wir tauschten Nummern und zwölf Tage später saßen wir im Café.

Sie heirateten 1991, trennten sich 2020, fanden aber wieder zusammen. Wie im Schlager: Die Liebe siegt?

Rossi: Irgendwie schon. Normalerweise bin ich 160 Tage im Jahr unterwegs. Corona zwang uns plötzlich, 24 Stunden am Tag zusammen zu sein. Das wurde mir zu eng, ich bat Gabi um etwas Zeit, um meinen Kopf in Ordnung zu bringen. Trennen wollten wir uns nicht, schon wegen unserer Töchter. Nach zwei Jahren rief ich sie an und bat um eine zweite Chance. Gott sei Dank sagte sie zu.

War diese Krise wichtig?

Rossi: Auf jeden Fall! Mir wurde klar, wie wichtig Gabi für mich ist. Ich bin da, wo ich bin, weil sie mir immer den Rücken freigehalten hat.

Rossi: Das habe ich durch meine Depression gelernt. Ich bin 2022 in ein Loch gefallen, so tief, das wünsche ich niemandem. Weil ich viel zu viel in zu kurzer Zeit gemacht hatte. Das passiert mir nie wieder! Wenn du keine Pausen einlegst, schlägt dir das Leben irgendwann ins Gesicht und sagt: „So geht’s nicht, mein Freund!“

Haben Sie schnell Hilfe gefunden?

Rossi: Ich ging sofort zum Psychologen. Jetzt lebe ich sehr bewusst, bin viel in der Natur, mache nicht mehr, als mein Körper schafft. Mit Disziplin und Balance möchte ich 93 werden.

2023 kam Ihr drittes Enkelkind zur Welt, kurz nach dem Tod Ihrer Mutter. War das ein Wechselbad der Gefühle?

Rossi: Der Tod ist Teil unseres Lebens. Mama ging und Valentina kam auf die Welt. Ich kann nur sagen: Wenn du eine Mama hast, besuch sie, trinkt Kaffee zusammen! Mamas sind die wahren Engel unseres Lebens.

Und was sind Sie für ein Opa?

Rossi: Ich hätte nie gedacht, dass Opa sein so eine Bedeutung in meinem Leben bekommt. Meinen Enkeln bringe ich Schwimmen bei. Ich sage niemals Nein. Dafür sind die Eltern zuständig.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Text – und Bildquelle: Senioren Ratgeber, Fotocredit: Wort & Bild Verlag/action press/Thüringen Press

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