Zur Weihnachtszeit treffen mitunter Familien an einem Tisch zusammen, deren Mitglieder sich nicht regelmäßig sehen oder zu weit voneinander entfernt wohnen. Die Feiertage werden für längere Besuche genutzt und jeder freut sich darauf, die Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen. Doch was, wenn am Ende alle heimlich froh sind, wenn die Besuchszeit endlich vorbei ist, weil das Betragen des ein oder anderen zu wünschen übrig ließ? Gerade „zu Tisch“ ist ein anständiges Betragen erwünscht. So gut es einerseits ist, sinnvolle Traditionen fortzuführen, so unangebracht kann es andererseits sein, an völlig Überholtem oder Unpraktischem festzuhalten. Es folgen ein paar Antiquitäten aus dem Reich des Knigge in Bezug auf Tischmanieren:

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  1. Überholt: Große Salatblätter dürfen nicht geschnitten werden. Bei Spargel, Kartoffeln und Eiern ist das ebenso.

Aktuell: Sämtliche, ehemals durchaus sinnvolle Schneideverbote – zum Beispiel bei Gemüse, Salat, Eiern – sind in der heutigen Zeit hinfällig. Der Grund: Die unliebsamen Nebenwirkungen wie das Anlaufen der Messer beim Schneiden dieser Speisen gibt es heute nicht mehr. So brauchen weder zu groß geratene Salatblätter gefaltet noch Kartoffeln grundsätzlich mit der Gabel zerteilt zu werden. Letzteres ist allerdings dann nach wie vor sinnvoll, wenn mit den Kartoffelstückchen Soße aufgenommen werden soll, weil das mit einer glatten Schnittfläche schlecht möglich ist.

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  1. Überholt: Der Suppenteller darf nicht gekippt werden.

Aktuell: Ein leichtes Ankippen des Suppentellers, um den letzten Rest besser herauslöffeln zu können, gilt heute nicht mehr als Tischsitten-Fauxpas. Eine empfohlene Kipp-Richtung gibt es nicht. Wichtig ist nur, dass ein Kleckern vermieden wird.

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  1. Überholt: Garnituren wie Tomatenstückchen oder Radieschen dürfen auf keinen Fall mitgegessen werden.

Aktuell: Alles, was serviert wird und essbar ist – also auch sämtliche Garnituren – kann heute ohne Verstoß gegen die guten Tischsitten mitgegessen werden. Das gilt in Deutschland auch für den früher üblichen „Anstandshappen“, der stets als Rest auf dem Teller bleiben sollte.

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  1. Überholt: Die Hände gehören während des gesamten Essens auf den Tisch.

Aktuell: Es gilt heutzutage nicht mehr als unhöflich, zwischen den Gängen einer Mahlzeit die Hände zum Beispiel auf die Armlehnen des Stuhls, wenn vorhanden, oder in den Schoß zu legen. Während des Essens sind jedoch bei deutschen Tischsitten nach wie vor beide Hände – nicht die Ellenbogen – auf dem Tisch.

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  1. Überholt: Es gibt drei „Besteck-Geheimsprachen“.

Aktuell: Zur wortlosen Verständigung zwischen Gästen und Restaurantfachkräften dienen heute nur noch zwei „Besteck-Sprachen“: Offen oder gekreuzt auf dem Teller abgelegtes Besteck bedeutet: „Ich mache eine Pause“ oder – in den seltenen Fällen, in denen ein Nachlegeservice vorgesehen ist – „Ich möchte noch etwas nachgelegt bekommen.“ Parallel mit dem Messer rechts neben der Gabel auf etwa zwischen „vier und fünf“ – wenn Sie sich den Teller als Uhr vorstellen – abgelegtes Besteck signalisiert: „Ich bin mit dem Essen/diesem Gang fertig.“ Bei beiden „Besteck-Sprachen“ liegt das Messer mit der Schneide zur Gabel.

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  1. Überholt: Es darf nur mit Wein oder Sekt zugeprostet oder angestoßen werden.

Aktuell: Niemand soll aus einer Runde ausgeschlossen werden, in der zugeprostet oder angestoßen wird, nur weil zum Beispiel ein nichtalkoholisches Getränk wie Mineralwasser im Glas ist. Gleiches gilt für diejenigen, die ein Bier dem Wein vorziehen. Zeitgemäß ist: Wird zugeprostet oder in kleiner, inoffizieller Runde angestoßen, spielt es keine Rolle mehr, mit welchem Getränk das passiert.

 

 

 

Quelle: Allgemeiner Deutscher Tanzlehrerverband – ADTV, Archivbilder

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